Zeitverzögertes Kurkuma – Kurkuma mit lokaler Wirkung?

Wer sich mit Kurkuma auseinandersetzt, stößt immer wieder auf ein Thema: Die Bioverfügbarkeit. Das in Kurkuma enthaltene Curcumin wird nur schlecht aus dem Darm ins Blut aufgenommen. Das schränkt seine Anwendung bei vielen Erkrankungen ein. [1]

Vor allem Mizell-Präparate mit ihrer massiv gesteigerten Bioverfügbarkeit konnten diesem Problem in den letzten Jahren entgegenwirken. [2,3,4] Doch was ist, wenn Kurkuma gar nicht aufgenommen werden soll? Wenn es direkt im Darm wirken, und nicht in andere Gewebe transportiert werden soll? Ist einen gesteigerte Bioverfügbarkeit in diesem Fall nicht sogar von Nachteil?

1. Was ist zeitverzögertes Kurkuma?

Zeitverzögertes Kurkumawird auch Kurkuma mit “Depot-Wirkung” genannt. Die Idee ist einfach: Will man, dass das Kurkuma vor allem im Darm wirkt, muss man dafür sorgen, dass möglichst viel dorthin gelangt.

Zeitverzögertes Kurkuma dient der Wirkstoffmaximierung im Darm.

Der erste Schritt, um diesen Effekt zu erzielen, besteht darin, auf eine Steigerung der Bioverfügbarkeit zu verzichten. Technologien wie die Mizelle verbessern die Löslichkeit des Curcumins. Dadurch wird dieses zusammen mit anderen Nahrungsbestandteilen im Dünndarm aufgenommen. [2] Dieser Prozess garantiert zwar keine 100%ige Absorption, verringert jedoch definitiv die mögliche Wirkstoffkonzentration im Darm.

In einem zweiten Schritt kann das Curcumin dann noch vor der weiteren Verdauung geschützt werden. Magensaft-resistente Coatings transportieren den Extrakt bis in den Dünndarm. Durch Einbettung in eine spezielle Matrix kann das Curcumin von diesem Punkt an kontinuierlich abgegeben werden. Auf diesem Weg wird der gesamte Darm gleichmäßig mit Curcumin versorgt.

2. Wieso sollte man zeitverzögertes Kurkuma anwenden?

Zeitverzögertes Kurkuma bietet sich vor allem bei Erkrankungen im Magen-Darm-Bereich an. Dazu zählen unter anderem chronisch-entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa. Aber auch Reizdarm quält immer mehr Menschen. Bei diesen Krankheitsbildern konnte Curcumin bereits erfolgreich therapeutisch eingesetzt werden. [5,6,7] Selbst die Leitlinie für Colitis ulcerosa der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten erwähnt den Nutzen von Curcumin. [8]

Bei den erwähnten Studien kam in der Regel einfaches Curcumin zum Einsatz. Mit Hilfe von zeitverzögertem Curcumin könnte man die Wirkstoffkonzentration im Darm zusätzlich steigern. Auf diesem Wege wäre mit noch besseren Ergebnissen zu rechnen.

3. Gibt es Risiken bei der Verwendung von zeitverzögertem Kurkuma?

Curcumin gilt als extrem sichere Substanz. In Studien wurden bis zu sechs Gramm täglich über sieben Wochen verabreicht, ohne dass es zu Nebenwirkungen kam. Selbst die Einnahme von zwölf Gramm auf einen Schlag hatte keine negativen Auswirkungen! [9] Bei einer typischen Dosierung von 200 bis 500 Milligramm ist daher kaum mit Nebenwirkungen durch Curcumin zu rechnen. Die zeitverzögerte Freisetzung verändert zwar die lokale Konzentration der Curcuminoide. Jedoch werden dadurch keine Konzentration erreicht, die die erwähnten sechs, beziehungsweise zwölf Gramm übersteigen. Auch die verwendeten Hilfsstoffe in zeitverzögertem Curcumin gelten als sicher und erprobt.

4. Wann sollte man zeitverzögertes Kurkuma einnehmen?

Zeitverzögertes Kurkuma bietet sich immer vor allem dann an, wenn man Curcumin zur Linderung von Magen-Darm-Beschwerden einnehmen möchte. In diesem Fall wäre die Einnahme eines Extraktes mit gesteigerter Bioverfügbarkeit wenig zielführend. Idealerweise nimmt man dabei jeweils morgens und abends eine Kapsel mit genügend Flüssigkeit vor einer Mahlzeit zu sich.

5. Fazit

Bei Kurkuma geht es um mehr als nur die Bioverfügbarkeit. Um Entzündungen im Darm zu lindern, braucht es eine maximale, lokale Wirkstoffkonzentration. Hoch-bioverfügbares Curcumin steht diesem Ansatz gegebenenfalls sogar im Weg.

Speziell verarbeitetes, zeitverzögertes Curcumin transportiert das Curcumin unverdaut bis in den Darm. Von dort aus wird es langsam und gleichmäßig freigesetzt. Das macht es zum idealen Kurkuma-Präparat für alle Arten von Darmerkrankungen.

6. Quellen

  1. Liu, W., Zhai, Y., Heng, X., Che, F. Y., Chen, W., Sun, D., & Zhai, G. (2016). Oral bioavailability of curcumin: problems and advancements. Journal of Drug Targeting, 1–9. https://doi.org/10.3109/1061186X.2016.1157883
  2. Schiborr, C., Kocher, A., Behnam, D., Jandasek, J., Toelstede, S., & Frank, J. (2014). The oral bioavailability of curcumin from micronized powder and liquid micelles is significantly increased in healthy humans and differs between sexes. Molecular Nutrition and Food Research, 58(3), 516–527. https://doi.org/10.1002/mnfr.201300724
  3. Kocher, A., Bohnert, L., Schiborr, C., & Frank, J. (2016). Highly bioavailable micellar curcuminoids accumulate in blood, are safe and do not reduce blood lipids and inflammation markers in moderately hyperlipidemic individuals. Molecular Nutrition & Food Research, 60(7), 1555–1563. https://doi.org/10.1002/mnfr.201501034
  4. Flory, S., Sus, N., Haas, K., Jehle, S., Kienhöfer, E., Waehler, R., Adler, G., Venturelli, S., & Frank, J. (2021). Increasing Post-Digestive Solubility of Curcumin Is the Most Successful Strategy to  Improve its Oral Bioavailability: A Randomized Cross-Over Trial in Healthy Adults and In Vitro Bioaccessibility Experiments. Molecular Nutrition & Food Research, 65(24), e2100613. https://doi.org/10.1002/mnfr.202100613
  5. Iqbal, U., Anwar, H., & Quadri, A. A. (2018). Use of Curcumin in Achieving Clinical and Endoscopic Remission in Ulcerative  Colitis: A Systematic Review and Meta-analysis. The American Journal of the Medical Sciences, 356(4), 350–356. https://doi.org/10.1016/j.amjms.2018.06.023
  6. Goulart, R. de A., Barbalho, S. M., Lima, V. M., Souza, G. A. de, Matias, J. N., Araújo, A. C., Rubira, C. J., Buchaim, R. L., Buchaim, D. V., Carvalho, A. C. A. de, & Guiguer, É. L. (2021). Effects of the Use of Curcumin on Ulcerative Colitis and Crohn’s Disease: A  Systematic Review. Journal of Medicinal Food, 24(7), 675–685. https://doi.org/10.1089/jmf.2020.0129
  7. Lopresti, A. L., Smith, S. J., Rea, A., & Michel, S. (2021). Efficacy of a curcumin extract (CurcugenTM) on gastrointestinal symptoms and  intestinal microbiota in adults with self-reported digestive complaints: a randomised, double-blind, placebo-controlled study. BMC Complementary Medicine and Therapies, 21(1), 40. https://doi.org/10.1186/s12906-021-03220-6
  8. Aktualisierte S3-Leitlinie Colitis ulcerosa der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS), AWMF-Register-Nr. 021/009 (abgerufen: Mai 2023)
  9. Soleimani, V., Sahebkar, A., & Hosseinzadeh, H. (2018). Turmeric (Curcuma longa) and its major constituent (curcumin) as nontoxic and safe substances: Review. In Phytotherapy Research. https://doi.org/10.1002/ptr.6054